Was sollte in einem Wirtshaus unbedingt auf der Karte stehen? Und gehört der Exzess dazu? Ist eine gesunde Work-Life-Balance in der Gastronomie überhaupt möglich? Und wie wäre sie eigentlich – eine Welt ohne Wirtshaus?
SOPHIE ODER, Gast und Gastgeberin, Leitung Trumer Tourismus / Salzburg
Wie sieht dein Traumwirtshaus aus?
Voll. Mein Traumwirtshaus ist voll mit glücklichen Menschen, die gerne ins Wirtshaus gehen.
Wie wäre eine Welt ohne Wirtshäuser?
Wirklich traurig. Das Wirtshaus ist ein Ort der Begegnung, der in der Gesellschaft ganz wichtig ist.
Spricht man noch von einem Wirtshaus, wenn die Karte fleischlos ist?
Ja. Ich glaube, dass wir in Zukunft einfach andere Wege gehen können, um Menschen wieder anzusprechen. Und das kann von mir aus gerne fleischlos sein. Auch wenn ich selbst gerne mal einen Schweinsbraten esse!
EMANUEL MOOSBRUGGER, Wirt und Gast, Eigentümer Biohotel Schwanen / Vorarlberg
Ist eine gesunde Work-Life-Balance in der Gastro überhaupt möglich?
Ja, ich denke schon, dass das möglich ist. Wenn ich von mir ausgehe: Meine Work-Life-Balance passt sehr gut. Für mich heißt Arbeit Leben, und ich bezeichne es nicht als Arbeit, daher ist es Freude und Spaß. Für meine Mitarbeiter ist mir wichtig, dass die Work-Life-Balance stimmt, dass also Dienstpläne, Arbeitszeiten usw. passen.
Ist eine 30h-Woche in der Gastronomie denkbar?
Prinzipiell schon, ja. Ich habe viele Mitarbeiter, die zwei bis drei Tage oder nur vormittags arbeiten. Also je nach Lust und Zeit, und wie es möglich ist. Allgemein bedeutet das natürlich einen definitiven Mehraufwand in Bezug auf Mitarbeiterkosten – das ist logisch und klar. Aber warum nicht!
Wie sieht dein Traumwirtshaus aus?
Voll und lebendig, viele Gespräche und viele, viele Menschen, die lachen. Das wäre so meine Interpretation davon.
STEFAN SIGL, Koch und Gast / Salzburg
Was muss in einem Wirtshaus unbedingt auf der Karte stehen?
Speisen, die Koch oder Wirtsleute widerspiegeln sowie Verbundenheit mit der Region und mit dem Brauchtum zeigen. Brauchtum sollte der Grundpfeiler sein, auf dem aufgebaut wird, eben auch mit modernem Einfluss.
Wie sieht dein Traumwirtshaus aus?
Stammgäste sind sicher wichtig. Der Stammgast wird als erweiterte Familie gesehen. Genauso jedermann, der sich eben dafür interessiert, was man macht.
Ist eine gesund Work-Life-Balance in der Gastronomie überhaupt möglich?
Das kommt darauf an, was man darunter versteht. Viele sehen die Gastronomie genauso als Hobby, wie auch als Arbeit. Es gehört viel Leidenschaft dazu, um manche Stunden vielleicht nicht als Pflicht, sondern als Vergnügen zu sehen.
LUKAS KNOLL, Produzent und Gast, Geschäftsführer bei Knollmühle GmbH / Oberösterreich
Was könnte die Gastronomie als Arbeitsort wieder interessanter machen?
Als Gast finde ich ein Wirtshaus als Arbeitsort wahnsinnig interessant. Fairerweise: Ich selbst bin nicht hinter der Schank, oder nur freiwillig.
Ich glaube, es geht uns zu gut. Vielleicht ist Österreich manchmal so bequem – sei es durch Corona oder etwas anderes –, dass es einen externen Kick braucht, um sich wieder darauf zu besinnen, dass es etwas Schönes ist, wenn man mit Menschen gemeinsam in einem Raum stehen, sitzen, lachen, diskutieren, weinen darf und das nicht eine Bürde ist, sondern eigentlich etwas Schönes und eine Chance.
Gehört der Exzess dazu?
Ich bin kein gutes Beispiel. Ja.
Wie sieht dein Traumwirtshaus aus?
Ich antworte jetzt als Traditionalist: Alt, in einem Ortskern, es hat schon viel gesehen, die äußere Struktur ist fast unverändert, die Leute, die drinnen sind, gehen mit der Zeit. Das finde ich wahnsinnig schön.
NOAH SCHEIRING, Kellner und Gast / Tirol
Was könnte die Gastronomie als Arbeitsort wieder interessanter machen?
Die Gastronomie braucht Veränderungen in Richtung Teilzeit. Das Personal ist sehr oft überarbeitet. Und auch die Bezahlung, speziell von jüngeren Leuten, wird nach unten gedrückt. Ich, als Student, bekomme das sehr stark mit: Man wird geringfügig angemeldet, jedoch nicht wie früher mit vollem Trinkgeld ausgezahlt. Es braucht auf alle Fälle faire Löhne und eine Verkürzung der Arbeitszeit.
Gehört der Exzess zum Wirtshaus dazu?
Ich denke schon. Ich glaube, der Exzess ist teilweise wichtig, um dem Alltag zu entfliehen. Das Wirtshaus ist ja auch ein Ort, wo sich Leute treffen, um über ihre Probleme zu sprechen oder einfach, um jemanden zum Reden zu haben: ein Ort, an dem man sich austauscht. Wenn man einen gesunden Konsum hat und weiß, wie man sich zu verhalten hat, kann man auch ein oder zwei Bier trinken. Deshalb: Ja, der Exzess gehört schon auch dazu. Aber auf alle Fälle im richtigen Maß.
Wie sieht dein Traumwirtshaus aus?
Mein Traumwirtshaus gab es bereits in meinem Nachbarort, es hat leider zugesperrt. Aber ja, meiner Meinung nach braucht es nicht wahnsinnig viele Gerichte, es braucht kein wunderschönes Mobiliar oder sonst was, sondern ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man sich etwas kleiner hält und versucht, Regionalität und Qualität an die Menschen zu bringen. Und dann, denke ich, sind die Leute auch bereit, den Preis, den man heutzutage für ein richtiges Schnitzel bezahlt, in Kauf zu nehmen.
ALAN BAYER, Wirt und Gast, Studio Schmaus / Berlin
Was braucht das Wirtshaus?
Das Wirtshaus soll immer noch ein Ort der Gemütlichkeit und Geselligkeit sein. Und wir sollten vielleicht wieder versuchen, mehr an solchen Eigenschaften festzuhalten und diese wieder hochleben zu lassen. Weil in einer schönen Atmosphäre gemeinsam mit Leuten, die man liebt, zusammen zu sitzen, ist echt etwas verdammt Schönes, und wenn man so einen Ort schaffen kann, dann hat man eh schon fast alles richtig gemacht.
Was muss in diesem Wirtshaus unbedingt auf der Karte stehen?
Essen, mit dem man sich wohlfühlt. Ich freue mich immer auf ein geiles Schnitzel, aber es muss halt richtig nice und mit guten Produkten gemacht sein.
Was könnte die Gastronomie als Arbeitsort wieder interessanter machen?
Also ich finde den Zusammenhalt und dieses Teamgefüge, das sich vielleicht ergeben kann, wenn alles passt, magisch. Und, ach! Es ist eine crazy Atmosphäre und ein crazy Gebiet, um zu arbeiten. Vielleicht sollte man daher einfach wieder ein bisschen an der Menschlichkeit arbeiten, in Bezug auf Arbeitszeiten und den Umgang miteinander. Aber wenn das klappt, kann es echt ein schöner, magischer Ort sein.
ISABELLA KUNSTOWNY, ehemalige Kellnerin, mittlerweile ausschließlich Gast / Wien
Wie sieht dein Traumwirtshaus aus?
Das Wirtshaus sollte definitiv heimelig sein. Mit einem liebevollen Wirten oder einer Wirtin, die das mit Herzblut macht und vielen Leuten, die drinnen sitzen.
Kannst du dir eine Welt ohne Wirtshäuser vorstellen?
Nein, eigentlich nicht, weil ich vor allem die österreichische Küche sehr liebe. Ich finde, in einem Wirtshaus gibt es gut gemachte Klassiker, auch neu gedacht. Eine Welt ohne sie wäre traurig.
Spricht man noch von einem Wirtshaus, wenn die Karte fleischlos ist?
Meiner Meinung nach, ja! Wirtshaus heißt nicht gleich Fleisch, sondern Wirtshaus bedeutet, dass es Hausmannskost gibt, und Hausmannskost ist ja nicht gleich Fleisch. Und Knödel: Über Knödel geht sowieso nichts!
Fotos Galerie © Ian Ehm (Opener) und Manuel Peric (Porträts) | friendship.is